Julius Kaufmann

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Julius Kaufmann

Julius Kaufmann (geboren am 14. August 1868 in Ibbenbüren, gestorben am 12. Juli 1942 im KZ Theresienstadt) war ein deutscher Kaufmann und ab 1913 Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Ibbenbüren. Er verkaufte Manufakturwaren.

Wohnort

Julius Kaufmann wohnte in der Bahnhofstraße 21 in Ibbenbüren.

Bahnhofstr. 21 (Bahnhofstr. 3) (zwischen Ohlemeyer und Nolte)

Julius Kaufmann verkaufte am 15.4.1937 sein Wohn- und Geschäftshaus an einen Nachbarn, immerhin noch zu einem Kaufpreis von zwei Dritteln des tatsächlichen Wertes. [1]

Familie und Beruf

Spätestens nach dem Tod seines Vaters 1919 übernahm Julius Kaufmann das Geschäft seiner Eltern, Moses (geboren in Lengerich, gestorben 1919 in Ibbenbüren) und Pauline Kaufmann (geboren als Pauline Meyerbach in Ibbenbüren, gestorben 1910 in Ibbenbüren), die am 18.11.1863 geheiratet hatten. Julius Kaufmann hatte eine Schwester namens Frederika Kaufmann (geboren am 18.12.1866 in Ibbenbüren) [2].

Vereinsmitgliedschaft

Julius Kaufmann war Mitglied im Junggesellen-Schützenverein[3]

Unterstützung durch Kaplan Gerhard Daldrup

Kaplan Daldrup nahm im Frühjahr 1937 zwei Ibbenbürener Juden gegen eine Diffamierung in Schutz und erhielt dafür Berufsverbot. Ferner widersprach er einer Lehrerin der Stadtschule, die vor Schülern behauptet hatte, Juden würden "nichts Gutes" tun und verwies auf die Ibbenbürener Bürger Isaak Winkler und Julius Kaufmann, die für ihre Wohltätigkeit stadtbekannt waren.[4]

Rektor August Ströhmer über Julius Kaufmann

Aus der IVZ vom 22. Mai 1962[5]:

Der Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Ibbenbüren war Julius Kaufmann, Inhaber eines Manufakturgeschäftes. Er wurde Rabbiner genannt, war aber nur Vorbeter und Vorleser. In seinem bescheidenen und gepflegten Äußeren und vor allem in seiner inneren Gesinnung war er ein ehrhaft vornehmer Mann. Jahr für Jahr kleidete er arme Erstkommunionkinder umsonst ein, regelmäßig unterstützte er die karitativen Einrichtungen beider christlichen Konfessionen. Trotz reicher Geldmittel ist es ihm nicht gelungen, die amerikanische Einreiseerlaubnis zu erlangen, er wurde 1941 nach Theresienstadt in das von der SS verwaltete Ghetto verladen und in Auschwitz vergast.

Biografische Angabe auf stadtmuseum-ibbenbueren.de

Seit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 verschlechterten sich die Lebensbedingungen für jüdische Mitbürger. Per Gesetz wurden ihnen schon 1935 die Rechte deutscher Staatsbürger aberkannt. So steht auf der Meldekarte vom Wegzug Julius Kaufmanns: "kein Reichsbürger". Durch Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte entzog der NS-Staat allen selbstständigen jüdischen Handwerkern und Händlern die Existenzgrundlage. Schon 1935 gab es in Ibbenbüren keine jüdischen Metzger und Viehhändler mehr. Und auch die übrigen Einzelhandelsgeschäfte konnten nicht länger bestehen. Wer bei Kaufmann einkaufte, riskierte es, öffentlich bloßgestellt zu werden - auch in der Zeitung. Ein Bergmann berichtet in einem Interview, dass die Preussag Steiger entlassen hat, die bei dem Juden Kaufmann gesehen wurden.
Julius Kaufmann verkaufte am 15.4.1937 sein Wohn- und Geschäftshaus an einen Nachbarn, immerhin noch zu einem Kaufpreis von zwei Dritteln des tatsächlichen Wertes. Wer später verkaufte bzw. dazu gezwungen wurde, musste weit höhere Verluste hinnehmen.
[6]

Moses Kaufmanns Neffe

Eine Verwandte von Rektor Ströhmer, dem Leiter der ehemaligen Rektoratsschule in der Roggenkampstraße, weiß folgende Begebenheit zu erzählen:

Mein Bruder wurde in amerikanischer Gefangenschaft in einem Lager bei Marseille anlässlich der Registrierung von einem amerikanischen Offizier in Plattdeutsch angesprochen, als dieser den Wohnort Ibbenbüren hörte: 'Dann kenn jie auk Schwattbraut un vestfälsken Schinken?' Er stellte sich mit Namen Löwenberg (amerikanisiert in "Lawton") vor, stamme gebürtig aus Lengerich und sei ein Neffe von Moses Kaufmann aus Ibbenbüren. Er versprach, seinen Eltern die Nachricht vom Überleben ihres Sohnes und einen Brief für sie zu überbringen, da er in der nächsten Zeit nach Tecklenburg versetzt werde. Im Oktober 1945 sprach er dann bei meiner Familie vor, sich gewissermaßen durch ein Bild des Sohnes ausweisend, nachdem er sich zuvor bei Julchen Lause über das Verhalten meiner Familie erkundigt hatte. Der Neffe von Moses Kaufmann blieb uns als ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mensch in Erinnerung.[5]

Deportation und Tod

Die im KZ Theresienstadt ausgestellte Todesurkunde

Julius Kaufmann wurde am 26. Juni 1937 nach Köln[7], von dort aus 1941 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort wurde er im Gebäude L122 untergebracht und am 12. Juli 1942 ermordet.

Einzelverweise