Edmund Geilenberg

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Der ehemalige Reichsminister Albert Speer [rechts] spricht dem mit dem Ritterkreuz [des Kriegsverdienstkreuzes] ausgezeichneten Direktor Edmund Geilenberg seine Glückwünsche aus. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-Jl0229 / CC-BY-SA)

Edmund Geilenberg (* 13. Januar 1902 in Buchholz[1][2]; † 19. Oktober 1964 in Bassum[3]) war ein deutscher Schlosser und Manager. Er war Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie im nationalsozialistischen Deutschen Reich, Wehrwirtschaftsführer und nach dem 2. Weltkrieg Vorstandsvorsitzender der Salzgitter Maschinen AG. Er leitete das Geilenberg-Programm, wodurch Mineralstoffe hergestellt werden sollten. Hierdurch starben mindestens 4.200 Menschen. Für die in seinem Programm verübten Gräueltaten wurde Geilenberg nie zur Rechenschaft gezogen. Er lebte bis zu seinem Tod in Ibbenbüren.

Werdegang und Wirken im Nationalsozialismus

Von 1930 bis 1935 arbeitete Geilenberg im Maschinenbetrieb bei der Preußag AG[4] in Ibbenbüren, wo er auch Mitglied der Bürgerschützengesellschaft Ibbenbürens[3] wurde. Danach arbeitete er bei Rheinmetall-Borsig als Direktionsassistent[5]. Am 01.05.1937 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer: 4699296)[2]. Ab 1939 führte Geilenberg "die Geschäfte der Stahlwerke Braunschweig, einer einflussreichen Tochtergesellschaft der staatseigenenen Reichswerke "Hermann-Göring"[6][7]. Da er sich hier "durch Produktionssteigerungen von Munition [...] für weitere Aufgaben empfahl, wurde er in den Industrierat des Oberkommandos des Heeres für die Sommeroffensive der Ostfront im Jahre 1942 berufen. Des Weiteren war er für das sog. Iwan-Programm des Oberkommandos des Heeres verantwortlich, das die Aufgabe hatte, eingenommene Munitionsbetriebe in der Ukraine unverzüglich wieder in Betrieb zu nehmen. Dies gelang nur mit geringem Erfolg, da die Rote Armee das Gebiet wieder zurückeroberte."[5]. Am 30. Mai 1944 ernannte Hitler den bisherigen Leiter des Hauptausschusses für Munition im Reichsrüstungsministeriums[8] Geilenberg zum Generalkommissar für Sofortmaßnahmen[9]. Am. 3. Juni 1944 übertrug Hitler Geilenberg den Wiederaufbau der beschädigten und zerstörten Werke der Mineralindustrie[10].

Am 11. Oktober 1944 führte Geilenberg in Ibbenbüren eine Besprechung bezüglich des sog. Geilenberg-Programms durch. Er ordnete

nach Rücksprache mit Reichsminister Speer und Krauch an, "daß der Wiederaufbau des Werkes Gelsenkirchen-Horst der Gelsenberg Benzin A.G. ab sofort stillzulegen ist und mit erhöhter Kraft der teilweise bereits begonnene Abbau aller wieder verwendbaren Anlageteile durchzuführen ist"[11]

Im Rahmen des sog. Geilenberg-Programms wurde ab dem 1. Januar 1945[12] im Bocketal[13] das Geheimprojekt Zeolith gebaut.

Joseph Goebbels über Edmund Geilenberg

Er macht einen sehr energischen, um nicht zu sagen brutalen Eindruck. Ich glaube, solche Männer kann man für Aufgaben wie die hier gestellten gut gebrauchen. Wenn die Benzinfrage überhaupt gelöst werden kann, so wird sie mit den von Geilenberg angewandten Methoden gelöst werden.[14]

Kriegsverbrechen

Auf Drängen Speers ernannte Hitler am 30. Mai 1944 Edmund Geilenberg, bis dahin Geschäftsführer der Stahlwerke Braunschweig und Leiter des Hauptausschusses Munition zum "Generalkommissar für die Sofortmaßnahmen beim Riechsminister für Rüstung und Kriegsproduktion"[9]. Geilenberg sollte die Kräfte zur Fliegerschädenbeseitigung in "entscheidende Produktionen" umlenken, wozu Hitler den Reichsminister der Justiz, den RFSS und den GBA anwies, umgehend Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. [...] Reichsweit sollen im letzten Kriegsjahr 50.000 bis 100.000 KZ-Häftlinge in Geilenbergs-Kommandos gearbeitet haben[15].[16]

Auf Weisung Geilenbergs wurden die KZ-Außenlager Schömberg, Schörzingen, Frommern, Erzingen, Bisingen, Dautmergen, Dormettingen und Schandelah errichtet. In diesen Außenlagern starben mehr als 4.200 Menschen. Etwa 100.000 KZ-Gefangene mussten im sog. Geilenberg-Programm auf Baustellen arbeiten[17].

Für jedes Werk zur Benzin-Herstellung war ein Häftlingslager von rund 500 Personen vorgesehen. Geilenberg war persönlich mit verantwortlich für die Umstände in den Konzentrationslagern. Dies wird durch ein Dokument des "Arbeitsstabes Wüste" vom 27. und 28. Juli 1944 deutlich, welches als Geilenbergbibel bezeichnet wird. Aus diesem Dokument geht hervor, dass die Zuweisung von Häftlingen für die Bauvorhaben auf direkte Veranlassung Geilenbergs erfolgte.[18]

Insgesamt arbeiteten im November 1944 schätzungsweise 350.000 Menschen auf diesen Baustellen[19]. Geilenberg war über die Arbeitsabläufe auf den Baustellen umfassend informiert[20].

Die KZ-Gefangenen mussten ohne Baugerät und häufig mit bloßen Händen die gefährlichen Räumarbeiten verrichten, zu denen sie mit Gewalt und Todesdrohungen angetrieben wurden. Zu den lebensgefährlichen Aufgaben gehört es auch, dass Gefangenentrupps ohne adäquate Schutzmaßnahmen Blindgänger entschärften.[21] [...] Die Rücksichtslosigkeit, mit der die Menschen zur Arbeit gezwungen wurden, wurde von der NS-Führung erwartet und von Geilenberg bereitwillig umgesetzt.[22][23]

Zur Verantwortung schreibt Marlies Mrotzek:

Die von Geilenberg getroffenen Entscheidungen und seine Eindrücke sind nicht nur in schriftlicher Form in seine Berichte eingegangen, er hatte seine Kritik in bezug auf die mangelnde "Arbeitsleistung" der Jüdinnen und den fehlenden Arbeitszwang durch die Wachmannschaft auch an Ort und Stelle zum Ausdruck gebracht.[24]

Sonstiges Wirken in Ibbenbüren/ als Ibbenbürener

  • Geilenberg nahm von Juli bis Dezember 1952 am Ausschuss zur Mitberatung des EVG-Vertrages teil[25]

Autounfall mit Todesfolge am 19. Oktober 1964 in Nordwohlde

Aus der Ibbenbürener Volkszeitung vom 21. Oktober 1964:

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich gestern morgen die Trauernachricht in Ibbenbüren, daß der allseits geschätzte und geachtete Werksdirektor i. R. Edmund Geilenberg, Am Sonnenhügel Nr. 1, im Landkreis Grafschaft Hoya auf der Bundesstraße 51 tödlich verunglückt ist. Das folgenschwere Unglück ereignete sich am Montagmorgen um 10.55 Uhr auf der Bundesstraße 51 in Nordwohlde. Die Eheleute Geilenberg befanden sich auf der Fahrt nach Bremen, als aus bisher ungeklärten Gründen der Ibbenbürener PKW. ins Schleudern geriet und mit einem entgegenkommenden Sattelschlepper zusammenprallte. [...] Der so tragisch verunglückte Werksdirektor i.R. Edmund Geilenberg war 62 Jahre alt und erst seit einem Jahr im wohlverdienten Ruhestand. Bis dahin war er Vorstandsvorsitzender der Salzgitter Maschinen-AG. in Salzgitter.

Obwohl Edmund Geilenberg aufgrund seines verantwortungsvollen Postens viele Aufgaben zu erfüllen hatte, pflegte er in all seinen arbeitsreichen Jahren stets einen sehr engen Kontakt mit seiner Heimatstadt Ibbenbüren, wo er vor allem als Mitglied der Ibbenbürener Bürgerschützengesellschaft vorbildlich im Vereinsleben stand.
[3]

Die Beerdigung von Edmund Geilenberg fand am 24. Oktober in der St. Mauritius-Pfarrkirche statt[26]. Aus der Traueranzeige in der Ibbenbürener Volkszeitung:

Möge Gott ihm alle Sorge und Verantwortung, die er in seinem arbeitsreichen Leben getragen hat, mit seiner Liebe vergelten.

Aus der Traueranzeige des Geschäftsberichts der Commerzbank von 1964, für die er bis zuletzt im Aufsichtsrat saß:

Mit den Heimgegangenen haben wir gute Freunde verloren, die unserem Hause viele Jahre eng verbunden waren.

Wir werden das Andenken der Verstorbenen in ehrender und dankbarer Erinnerung bewahren.[27]

Am 20. Oktober 1989 wird der Artikel vom 21. Oktober 1964, fehldatiert auf den 20. Oktober 1964, in der Rubrik Zurückgeblättert in etwas gekürzter Form noch einmal in der Ibbenbürener Volkszeitung abgedruckt[28].

Trivia

Wikipedia über Edmund Geilenberg

In der Wikipedia findet sich eine ausführliche Biographie von Edmund Geilenberg.

Webvideo

Literatur

  • Arbeitsgemeinschaft Südniedersächsische, Rüstungsindustrie in Südniedersachsen während der NS-Zeit, Wagener, 1993, S. 318f.
  • Bindernagel, Franka; Bütow, Tobias, Ingenieure als Täter. Die „Geilenberg-Lager“ und die Delegation der Macht, in: Gabriel, Ralph u.a. (Hgg.), Lagersystem und Repräsentation. Interdisziplinäre Studien zur Geschichte der Konzentrationslager, Tübingen 2004, S. 46-70.
  • Goch, Stefan, Jüdisches Leben, Verfolgung, Mord, Überleben : ehemalige jüdische Bürgerinnen und Bürger Gelsenkirchens erinnern sich, Klartext, 2004, S. 220ff.
  • Kitchen, Martin, Speer: Hitler's Architect, Yale University, 2015, S. 229ff.
  • Klee, Ernst, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? S. Fischer. Frankfurt am Main 2003. ISBN 3-596-16048-0
  • Müller, Rolf-Dieter und Hans Umbreit, Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg: 1942-1944/45. Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs. Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen, Band 5, Deutsche Verlags-Anstalt, 1999, S. 364f.
  • Wagner, Jens-Christian, Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora, Wallstein Verlag, 2001, S. 112ff.

Einzelverweise

  1. Christine Glauning, Entgrenzung und KZ-System: das Unternehmen "Wüste" und das Konzentrationslager in Bisingen 1944/45, Metropol, 2004, S.105f.
  2. 2,0 2,1 Friedrich Hildebrandt, Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar, Karsten Schröder, Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg: die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939-1945 : eine Edition der Sitzungsprotokolle, Institut für Zeitgeschichte, Edition Temmen, 2009, S. 1016
  3. 3,0 3,1 3,2 Ibbenbürener Volkszeitung vom 21. Oktober 1964, s. http://archiv.ivz-aktuell.de/IVZ/1964/19641021/245_IVZ_1964-10-21_013-t001.jpg
  4. M. & H. Schaper., Zucker, Band 15, 1962, S. 51
  5. 5,0 5,1 http://de.inforapid.org/index.php?search=KZ-Au%C3%9Fenlager%20Hannover-Misburg
  6. "übernommen aus der Zitatquelle Vgl. u.a. Völkischer Beobachter, Berliner Ausgabe, 2.6.1944, S. 2
  7. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 80
  8. http://www.plettenberg-lexikon.de/bergbau/mk/schwalbe1/schwalbe.htm
  9. 9,0 9,1 Erlass in BA, R 3/1635, Bl. 2-4; abgedruckt in Führer Erlasse, S. 414 f. Vgl. auch Janssen, Ministerium Speer, S. 235-245; Fröbe u.a., Konzentrationslager, Band 1, S. 36-40; Eichholtz, Kriegswirtschaft, Bd. III, S. 32-37.
  10. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 82
  11. Marlies Mrotzek, Das KZ-Aussenlager der Gelsenberg Benzin AG, Germinal-Verlag, 2002, S. 53
  12. http://untertage-übertage.de/Zeolith.html
  13. https://de.wikipedia.org/wiki/Klotenberg
  14. Goebbels, Joeseph; Die Tagebücher, Band 13, Juli - September 1944, München 1995, S.534
  15. Schätzung in Fröbe u.a., Konzentrationslager, S. 39
  16. Karola Frings, Krieg, Gesellschaft und KZ: Himmlers SS-Baubrigaden, Ferdinand Schöningh, 2005, S. 137
  17. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 88
  18. Henry Hatt, Deckname Steinbock II, Verlagerung der IG Farben (BASF Ludwigshafen) nach Unterloquitz", Books on Demand, 2004, S. 16; Neuauflage 2018
  19. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 88
  20. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 99
  21. übernommen aus der Zitatquelle Czoßek: S. 19; Pulda: S. 3; sowie LAB: Rep.39, Nr. 27/1., S. 27f. S. 233ff. und240
  22. übernommen aus der Zitatquelle Stein: Konzentrationslager, S. 176
  23. Bütow, Tobias, Franka Bindernagel; Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der "Freundeskreis Himmler", Böhlau Verlag 2003, S. 87
  24. Marlies Mrotzek, Das KZ-Aussenlager der Gelsenberg Benzin AG, Germinal-Verlag, 2002, S. 106
  25. Geilenberg wird namentlich mit Ibbenbürener Adresse festgehalten in: Rüdiger Bergien, Der Bundestagsausschuss für Verteidigung: der Ausschuss zur Mitberatung des EVG-Vertrages, Juli bis Dezember 1952, S. 884
  26. Ibbenbürener Volkszeitung vom 22. Oktober 1964, http://archiv.ivz-aktuell.de/IVZ/1964/19641022/246_IVZ_1964-10-22_023-t001.jpg
  27. https://www.commerzbank.de/media/de/konzern_1/geschichte/download_8/geschaeftsbericht_1964.pdf, S. 7
  28. http://archiv.ivz-aktuell.de/IVZ/1989/19891020/246_IVZ_1989-10-20_021-t001.jpg
  29. http://www.ivd.de/BSchG/K_paare.php?jahr_d=1974&shBild=2&von=1972&bis=1982
  30. http://archiv.ivz-aktuell.de/IVZ/1974/19740722/166_IVZ_1974-07-22_005-t001.jpg
  31. http://www.wn-trauer.de/Traueranzeige/Carl-Heueveldop-2010-03-04-Emsdetten-4810499