Hermann Dillhoff

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Hermann Dillhoff als Schützenkönig in Wellingholzhausen 1924 mit [ Toni Stock[1]] (1897-1981)

Hermann Dilhoff (geboren am 1. Juni 1896 in Wellingholzhausen[2], gestorben am 8. Mai 1958[3] in Ibbenbüren) war ein deutscher Kaufmann. Er gründete das Textilhaus Dillhoff in Ibbenbüren und war am Pogrom gegen jüdische Bewohner Hopstens am 10. November 1938 beteiligt.

Leben

Sterbeurkunde der zweitgeborenen Tochter von Hermann und Maria Dillhoff

Hermann Dillhoff wurde am 1. Juni 1896 in Wellingholzhausen als Sohn des Arztes Anton (gestorben 1924 in Wellingholzhausen) und Johanna Dillhoff (gestorben 1928 in Wellingholzhausen) geboren. 1924 wurde er Schützenkönig im Schützenverein Wellingholzhausen[4]. Sein Vater errang den Titel 1893.

Dilhoff machte eine Lehre in Hörstel und arbeitete bei C & A und Karstadt in Berlin. Er heiratete Maria Reilmann (geboren am 18. März 1896 in Ankum, gestorben am 26. Dezember 1987 in Ibbenbüren)[5][6], die er bei einer Ahnenforschung in Ankum kennenlernte, zog mit ihr 1927 nach Ibbenbüren[7] und eröffnete mit ihr dort am 1. Oktober 1927 ein Textilgeschäft an der Breiten Straße. 1935 übernahm Dillhoff von August Plake das frühere Haus des Barbiers, Friseurs und Tabakverkäufers Josef Schwinn an der Bahnhofsstraße 32.[8] Das dortige Textilhaus Dillhoff wurde am 25. November 1935 mit der Registernummer HRA 1037 beim Amtsgericht Steinfurt eingetragen[9]. Am 2. Mai 1996 wurde der Eintrag aus dem Handelsregister gelöscht. Die Familie bekam drei Kinder: Elisabeth (geboren am 16. Oktober 1931 in Ibbenbüren, gestorben am 2. Oktober 2020 in Ibbenbüren), Hannelore[10] und ein unbenanntes Kind, das kurz nach der Geburt starb (geboren am 5. August 1932 in Ibbenbüren, gestorben am 5. August 1932 in Ibbenbüren). Die Familie wohnte an der Breiten Straße 20 in Ibbenbüren.

Pogrom am 10.11.1938 in Hopsten

Anzeige von Hermann Dillhoff in der Ibbenbürener Volkszeitung vom 1. Januar 1939

Am 9. November 1938 trat der Führer der Ibbenbürener SS, Theodor Anton Scheidt, etwa gegen Mitternacht zusammen mit Kreisleiter Heinrich Knolle in der Wirtschaft Bernhards in Ibbenbüren, Oberer Markt, auf und befahl den anwesenden 7-8 SA-Männern, sich zur Besprechung nach draußen zu begeben. Hermann Dillhoff sollte einen Bus besorgen. Schließlich bestellte aber Scheidt selbst einen Autobus von Forsmann in Mettingen. Der Bus kam um 3 Uhr nachts, und die SA-Männer, SS-Männer und Zivilisten, bis zu 30 Personen, bestiegen den Bus. Unterwegs wurde vor Hopsten vor der Gastwirtschaft Kockmann gehalten, und der Gastwirt Heinrich Kockmann (gestorben 1947)[11] wurde von Scheidt gezwungen, die Häuser in Hopsten zu zeigen, wo Juden wohnten. [12]

Anzeige von Josef David gegen Hermann Dillhoff

Nach dem Krieg schreibt der vormals in Hopsten lebende Josef David (geboren am 22. Juli 1904 in Malsch bei Karlsruhe[13], gestorben 1964 in New York[14]) an den Entnazifizierungsausschuss und beschuldigt den Ibbenbürener Kaufmann Hermann Dillhoff schwer. Jener habe bei einem Pogrom in Hopsten vom 9. auf den 10. November 1938 eine Gruppe von 30 Personen angeführt, die in Hopsten sein Haus in der Dorfstraße 18 verwüsteten und seine Frau Hilde mit dem Tode bedrohten, falls jene berichten solle, dass er 1000 RM, ein silbernes Zigarettenetui von Josef David sowie Schmuck gestohlen habe. Die Gruppe zerstörte zudem das gesamte Eigentum von Alexander Reinigenheim[15] und die Synagoge in Hopsten. Josef David und Jacob Reingenheim (geboren am 21. Februar 1877 in Hopsten, ermordet im Oktober 1942 im Konzentrationslager Auschwitz), dem Stiefbruder seiner Frau Hilde,[16] seien mit Eisenstöcken geschlagen worden. David führt fünf weitere mutmaßliche Täter aus Hopsten an[17].
Hermann Dillhoff bestritt am 29. November 1949 bei einer Anhörung auf der Polizeistation 13 in Ibbenbüren nicht, bei der Tat anwesend gewesen zu sein, jedoch habe er nur am Rand gestanden und könne sich an keine weiteren Teilnehmer des Pogroms erinnern.[18] Er sei wegen des Progroms bereits von Engländern verhaftet worden[19].

Hinweis zum Tod von Theodor Anton Scheidt

Grabtafel Theodor Anton Scheidts. (Foto (mit freundlicher Genehmigung): Karl Bauer)

Hermann Dillhoff gab bei der Anhörung zudem zu Protokoll, Theodor Anton Scheidt sei nach dem Krieg von Engländern in ein Lager verbracht worden, wo er gestorben sein soll[20]. Hierbei handelte es sich um das durch das US-Militär geführte Internierungslager Moosburg, in dem Scheidt am 10. Januar 1946 an Darmverschluss nach einer Gastroenteritis verstarb. Er wurde in einem Reihengrab beerdigt.[21]

Einlassung von Heinrich Knolle zu Hermann Dillhoff

In einer Befragung zum Novemberpogrom in Ibbenbüren beschreibt Heinrich Knolle Hermann Dillhoff als kaum aktives NSDAP- und NSV-Mitglied:

Er sass viel und gern in den Gastwirtschaften herum und war dadurch wohl ziemlich heruntergekommen; auch mit seiner Ehe ging es deswegen sehr schlecht. Von einer gewalttätigen Veranlagung des Dillhoff ist mir nichts bekannt.[22]

Kriminalpolizeiwachtmeister Gattner kam am 21. Februar 1950 zu dem Schluss, dass die Täter des Pogroms in Hopsten nicht eindeutig identifiziert werden konnten und dass die verursachten Schäden

gegenüber anderen Städten in keinem Verhältnis gestanden haben.[23]

Hermann Dillhoff musste sich für seine Beteiligung an den Pogromen nicht vor Gericht verantworten.

Trivia

1932 warf Hermann Dilhoff im Kegelclub "Alle neune" drei Mal alle Neune hintereinander.[24]

Einzelverweise

  1. s.a. ehemals: https://www.stock-mode.de/wp-content/uploads/2016/07/Chronik-Stock_Ansicht-1.pdf, jetzt: https://www.yumpu.com/de/document/view/55745024/chronik-stock-modehaus
  2. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, ''Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 87
  3. Ibbenbürener Volkszeitung vom 10. Mai 1958
  4. http://www.schuetzenverein-wellingholzhausen.de/koenig.htm
  5. Todesanzeige zu Maria Dillhoff in der Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 29. Dezember 1987
  6. Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 3. Januar 1931; s.a. Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 17. Dezember 1960; in der Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 15. Oktober 1971 wird sie fehlerhaft Maria Rethmann genannt
  7. Artikel Maria Dillhoff 90 Jahre in der Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 17. März 1986
  8. Stefan Herringslack, Mit 9,75 Mark nach der Währungsreform gestartet in der Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 20. September 2002
  9. https://www.moneyhouse.de/Hermann-Dillhoff-Ibbenbueren
  10. Ibbenbürener Volkszeitung vom 13. Juni 1958, Todesanzeige in der Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung am 13. März 1970
  11. http://www.gastwirtschaft-kockmann.de/GW_HeinrichKockmann/GWHK_Geschichte.htm
  12. Akte des Staatsarchivs Münster (StAM) Staatsanwaltschaft MS Nr. 94, Strafsache gegen Dillhoff wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
  13. http://www.rheineahnen.de/listdoc/juedfam/reing.htm
  14. http://www.joycetice.com/obitcemc/frankstobit.htm, wo er sich Joseph David schrieb; seine Frau Hilde (Hilda) wurde am 10.02.1910 in Sögel geboren und verstarb am 13.06.2006 in New York
  15. Über Jakob Alexander Reinigenheim schreibt rheineahnen.de: Jacob Alex. Reingeheim tritt das Erbe seines Vaters an. Das Ehepaar bleibt kinderlos und adoptiert die verwaiste Nichte Hilde (Moses) Jacobs, die mit ihrem Ehemann Josef David im Haus des Großvaters Dorf N°18 aufgewachsen ist. 1939 waren Jacob und Selma Passagiere auf der "St.Louis". Die Flüchtlinge auf diesem Schiff durften in keinem Hafen Lateinamerikas an Land gehen und kehrten schließlich nach Belgien zurück. Von dort wurden sie deportiert, bevor sie ein Auswanderungsland gefunden hatten. Ihr Schicksal ist dargestellt in dem Film "The Voyage of the Damned".; von: http://www.rheineahnen.de/listdoc/juedfam/reing.htm. Deutsche Wikipedia-Seite zum Film: http://de.wikipedia.org/wiki/Reise_der_Verdammten
  16. https://www.myheritage.de/research/collection-40000/geni-welt-stammbaum?itemId=269265452&action=showRecord
  17. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 85
  18. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, 2010, S. 92
  19. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 88f.
  20. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 89
  21. http://www.bauerka.de/stalag/fenster/12-05-0028.htm
  22. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 97; Quellverweis des dortigen Fotos: "Protokoll des Amtsgerichts Bad Münder (Deister), 1. Februar 1951, LANWWm Staatsanwaltschaft Münster Nr. 94, Bl. 78 (Rückseite)
  23. Lars Boesenberg, Jürgen Düttmann, Norbert Ortgies, Machtsicherung, Ausgrenzung, Verfolgung: Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren, mit einem Beitrag von Marlene Klatt und Rita Schlautmann-Overmeyer, Historischer Verein Ibbenbüren, S. 94
  24. Ausgabe der Ibbenbürener Volkszeitung vom 8. Mai 1962