Mordfall Maria Wientjes (1902)

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Beim Mordfall Maria Wientjes handelt es sich um in einen Kriminalfall, bei dem 1902 in Ibbenbüren die 12-jährige Maria Wientjes (* 6. November 1889 in Ibbenbüren, † 2. August 1902 in Ibbenbüren) getötet wurde.

Berichterstattung in: Westfälischer Merkur Nr. 524 vom 20. Oktober 1906

"Bereits in seinem 15. Lebensjahr war der 1881 in Ibbenbüren geborene Angeklagte wegen eines Notzuchtdeliktes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, worauf weitere Vergehen folgten. Wie sich in der Verhandlung herausstellte, hatte der Angeklagte am Tag der Tat die vom Kommunionsunterricht in Ibbenbüren kommende Maria zu überreden gewusst, sich mit ihm am Wege niederzulassen. Hier fiel er über die Schülerin her, vergewaltigte sie und verletzte sie durch mehrere Messerstiche schwer. Als er sich von seinem Opfer abwandte, sah er noch die Kleine, die sich aufgerichtet hatte, wie sie ihm mit dem Finger drohte, sie ging noch etwa 30 Meter weit und sank dann tot zu Boden. Diesen Eindruck hat der Angeklagte nicht wieder vergessen können.

Er betäubte sein Gewissen durch Schnapsgenuss. Beinahe wäre man Pelstring schon eher auf die Schliche gekommen. Am Montag nach der Tat fand er sich auf seiner Arbeit im Haus „Langewiese" ein. Sein „verändertes Wesen" kam einem Arbeitskollegen verdächtig vor. Auch führte Pelstring sein Messer, das er sonst immer dabei hatte, diesmal nicht mit sich. Der Arbeitskollege meldete dies der Polizeibehörde, die auch eine Durchsuchung im Pelstring'sehen Haus veranlasste. Da aber nichts Verdächtiges gefunden wurde, stellte man die Untersuchungen ein. Nach der Mordtat genügte Pelstring seiner zweijährigen Militärpflicht, was dazu beigetragen haben mag, dass die Spur des Verbrechens so lange unentdeckt blieb. Der Mord an Maria Wientjes war aber nicht der einzige Punkt, den man Pelstring vor dem Schwurgericht anlastete. Er erwies sich auch als der Täter, der bereits im Juni 1902 bei Ibbenbüren einen Raubanfall auf Frau Heilemann ausgeführt hatte.

Der Angeklagte war ihr mit einem „starken Tannenast" gefolgt und mit den Worten über sie hergefallen: „Tut mir Euer Geld!" Als sich die Frau weigerte, schlug er mit dem Knüppel auf sie ein. Nach Erhalt des Geldes versuchte er, sein Opfer zu vergewaltigen, ließ aber schließlich davon ab und flüchtete. In der Meinung, es handelte sich um eine „reiche Mettinger Dame", näherte sich Pelstring am Abend des 5. April 1905 auf dem Treppkesberg der Gesellschafterin Maria Theis und belästigte sie. Da er Widerstand fand, griff er zum Messer und brachte ihr einen lebensgefährlichen Stich in die linke Hallsseite bei.

Zufällig befanden sich ein Gendarm und ein Kaufmann in der Nähe. Während sich Letzterer um die Überfallene kümmerte, nahm der Gendarm die Verfolgung des Täters auf, der ihm aber entkam. Nach den Aussagen von Frau Theis „konnte man den Unhold nur in der Person eines Bergmanns suchen". Ein Verdächtiger wurde längere Zeit inhaftiert, bis sich seine Unschuld herausstellte. Nach der Festnahme Pelstrings beraumte der Untersuchungsrichter einen dreitägigen Ortstermin in Ibbenbüren an. Die Besichtigung musste in der Bevölkerung bekannt geworden sein, denn am Bahnhof fand sich eine große Menschenmenge ein. Der Anblick der Massen verfehlte seine Wirkung auf den Angeklagten offensichtlich nicht. Nach der Inaugenscheinnahme des Tatortes im Falle Theis wandte er sich an den Untersuchungsrichter und legte, nachdem ein Fluchtversuch missglückt war, ein offenes Geständnis seiner Verbrechen ab. Obwohl sich Pelstring reumütig zeigte und auch einem Gefängniswärter in Ibbenbüren gegenüber das Geständnis wiederholte, machte er während seiner Haft einen weiteren Fluchtversuch. Er besorgte sich eine Schere und einen Meißel und versteckte sie in seinem Bett. Ehe er aber seinen Plan ausführen konnte, wurden die gestohlenen Sachen entdeckt. Diesen Fluchtversuch musste er mit fünf Tagen Dunkelarrest büßen.

Ein Gutachter, der Kreisarzt von Recklinghausen, sprach sich dahin aus, „dass der Angeklagte pervers angelegt sei und dem Sadismus huldige". Diese Ansicht teilte der Medizinalrat Heising nicht. Auch über die unmittelbare Todesursache des Schulmädchens gingen die Gutachten der Sachverständigen etwas auseinander. Der Wahrspruch der Geschworenen lautete „auf schuldig des Todschlags, des Mordversuchs und der räuberischen Erpressung im einheitlichen Zusammenhang mit Notzucht". Das Gericht erkannte auf die höchste gesetzlich zugelassene Strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, wurde er nur vorzeitig entlassen, um sofort als Soldat in den Krieg ziehen zu müssen. Danach galt seine Strafe als abgegolten und er zog von Ibbenbüren weg."[1]

Strafprozess

Am 19. Oktober 1906 musste sich Pelstring vor dem Münsteraner Schwurgericht verantworten.

Literatur

Bürger, Udo: Westfälische Unterwelt: Historische Kriminalfälle und Hinrichtungen in Westfalen

Weblinks

Einzelverweise

  1. Westfälischer Merkur Nr. 524 vom 20. Oktober 1906